Mit Mai kommt die Wallfahrtssaison, da brauchen wir vor Ort sehr viel Lebkuchen, weil's Tradition ist, diesen mitzunehmen von der Wallfahrt... (Katharina Pirker)
Wallfahrt & Lebzelterei
"Die Pilger sind ja früher zu Fuß nach Mariazell gekommen…", beginnt Katharina Pirker zu erzählen. Endlich an der ersehnten Pilgerstätte angekommen, lag schließlich der anstrengende Heimweg vor den tüchtigen Wanderern: "Die brauchten dann für den Nachhauseweg Proviant, dafür war der Lebkuchen bestens geeignet: Durch den hohen Honiganteil ist Lebkuchen ein Lebensmittel, das lange haltbar, sehr nahrhaft und schmackhaft ist." Darauf sei schlussendlich die Tatsache zurückzuführen, dass sich "die Lebzelter in vielen Wallfahrtsorten angesiedelt haben."
Aus drei mach eins: Lebzelter, Wachszieher & Metsieder
Was aber haben das Wachsziehen und Metsieden damit zu tun? Auch diesen Zusammenhang weiß Fr. Pirker schnell & schlüssig aufzuklären: "Mit dem restlichen Honig haben sie Met, Honigwein, gemacht." Denn nach tagelangem Fußmarsch wollten die Pilger nach ihrer ersehnten Ankunft im Wallfahrtsort natürlich verköstigt werden – und das durchaus gerne üppig & feucht-fröhlich: "Die wollten am Abend immer auch noch was Feines zu Trinken haben…", verrät Katharina Pirker augenzwinkernd. Übrigens! Verdorbener Pilgermägen sei Dank habe hier, nebst des weltbekannten Lebkuchens, auch ein weiterer, berühmter "Ur-Mariazeller" seinen Ursprung, wie Fr. Pirker ergänzt: "Wenn den Pilgern dann schlecht war, gab's den Mariazeller Kräuterbitter!" So fügen sich die einzelnen Teilchen schließlich zu einem großen Ganzen zusammen: "Mit dem Rest der Bienenwaben hat man Kirchenkerzen gemacht. Deswegen ist das Handwerk des Lebzelters, Metsieders und Wachsziehers ein Handwerk, bis heute, und hängt ganz, ganz eng mit der Wallfahrt zusammen."
Der Lebzelter verarbeitete einen Teil des Honigs zu Lebkuchen, den anderen Teil zu Met und die restlichen Waben zu Kirchenkerzen aus Bienenwachs.
Wertvolle Gewürze auf Wallfahrt
Ganz wichtig für die Lebkuchenherstellung seien die Gewürze, betont Katharina Pirker: "Das ist eigentlich das Geheimnis des Lebkuchens: Die Gewürzmischung." Diese – und damit auch der Grundteig – sei in der Lebzelterei Pirker bis heute gleich geblieben. Unter anderem, so viel darf verraten werden, setzt sich diese Mischung zusammen aus Kardamom, Vanille, Zimt und zahlreichen anderen, überwiegend nicht-heimischen Gewürzen. Lebkuchenexpertin Katharina Pirker allerdings weiß, wie die Lebzelter damals trotz allem an die "exotische Ware" kamen: "Die Lebzelter haben sich, wie gesagt, in Wallfahrtsorten, oft aber auch an Städteknotenpunkten angesiedelt, wo es auch Flüsse gab, wodurch diese Gewürze sehr wohl dorthin gekommen sind. Auch in Deutschland hat der Lebkuchen eine ganz lange Tradition. In Mariazell war es am Anfang so, dass einige Pilger – manche sind ja zwei, dreimal im Jahr hier her gepilgert – oft selbst die Gewürze für den Lebzelter mitgenommen haben!"
Mariazeller Lebzelterei heute
Die Mariazeller Lebzelterei Pirker ist der einzige Betrieb Europas, in welchem die drei Handwerke Lebzelterei, Metsiederei und Wachszieherei auch heute noch in ihrer Trilogie betrieben und gelehrt werden! Neben der Metsiederei fertigt Familie Pirker bis heute auch Bienenwachskerzen für kirchliche Zwecke – wenn auch nicht in vergleichbarem Ausmaße wie früher: "Wir machen Stabkerzen aus Bienenwachs, so wie man's früher gemacht hat. Die großen, weißen Kirchenkerzen machen wir nicht, aber für die Lichterumzüge für unseren Pater Superior gibt es immer wieder Kerzen, die wir herstellen.", berichtet Katharina Pirker stolz – zurecht!
Auch das sogenannte "B'schoad Binkerl" (von "Bescheid geben"), seit jeher DAS klassische Mitbringsel von der Wallfahrt nach Mariazell, ist bis heute bei Pirker erhältlich: Eine kleine Lebkuchenauswahl, verschnürt in einem Stofftüchel.
Wir haben sogar eine Honigbrand-Einreibung: Tun einem beim Pilgern die Gelenke weh, reibt man sich damit ein! (Katharina Pirker)
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